Dienstag, 1. August 2017

Die Rente muss zum Leben reichen. Altersarmut - was tun?



Wie man drohende Altersarmut verhindern kann. Österreich zeigt wie es gehen kann.

Die Kollegin Dinah Djalinous-Glatz, Referatsleiterin Sozialversicherungspolitik beim Österreichischen Gewerkschaftsbund (ÖGB) Wien, informierte auf zwei ver.di-Informationsveranstaltungen klar und verständlich die wesentlichen Eckpunkte des österreichischen Rentenrechts und damit auch die wesentlichen Unterschiede zum deutschen Rentenrecht.

Beitragssätze:
Der Beitragssatz zur gesetzlichen Rente beträgt in Österreich 22,8 Prozent. Die Arbeitnehmer bezahlen aber nur 10,25%, die Arbeitgeber 12,55 %.
Höhere Anrechnung:
Im Vergleich zu Deutschland gibt es in Österreich für jedes Versicherungsjahr eine höhere Rentengutschrift. Nach 45 Versicherungsjahren bekommt ein Rentner in Österreich, der zum Regelrentenalter in Rente geht, nach dem neuen Pensionskontorecht um die 80 Prozent seines durchschnittlichen Bruttoeinkommens. In Deutschland sind es ca. nur 44 Prozent, Tendenz fallend. In Österreich gilt immer noch der Grundsatz: Die gesetzliche Rente muss im Alter den Lebensstandard sichern.
Bruttoinlandsprodukt:
Der Aufwand für die Renten (ehemalige ArbeitnehmerInnen, Selbständige, Bauern und Beamte) beträgt in Österreich 14 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. In Deutschland sind es gerade mal 10 Prozent.
Erwerbstätigenversicherung:
Anders als in Deutschland zahlen in Österreich alle Erwerbstätigen in die Rentenkasse ein. Auch Selbstständige und Geringverdiener, sofern diese mehr als die Geringfügigkeitsgrenze (2017 Wert: 425,70 Euro monatlich) verdienen.
Ausgleichszulage:
Das österreichische Rentenrecht kennt keine Mindestrente. Liegt das Gesamteinkommen (Bruttorente, Nettoeinkommen) allerdings unter einer bestimmten Höhe, gebührt eine Ausgleichszulage. Diese wird über Steuermittel finanziert. Die Ausgleichszulagenrichtsätze sind für Alleinstehende und Ehepaare unterschiedlich hoch.
Schwerarbeiter:
In Österreich gibt es eine Schwerarbeiterregelung, die einen früheren Renteneintritt ermöglicht. Als Schwerarbeit gilt z. B. Nachtarbeit oder die Leistung von schwerer körperlicher Arbeit. Um die Rentenversicherung die Vollziehung der Schwerarbeiterregelung zu erleichtern, gibt es eine Berufsliste, die Aufschluss darüber gibt, bei welchen Berufen im Durchschnittsfall von schwerer körperlicher Arbeit auszugehen ist.
Rentenanpassungen:
Rentenanpassungen erfolgen in Österreich laut Gesetz entsprechend der Inflationsrate. Faktisch erfolgen die Rentenanpassungen aber in Verhandlungen zwischen der Regierung und den Pensionistenvereinigungen.
Rentenreformen:
Auch in Österreich gab es Veränderungen im Rentenrecht. Das Regelrentenalter beträgt für Männer 65 Jahre. Für Frauen, die bis zum 01.12.1963 geboren sind, gilt noch ein Regelrentenalter von 60 Jahren. Ab dem Geburtsdatum 02.12.1963 wird das Rentenalter der Frauen schrittweise angehoben. Frauen, die ab dem 02.06.1968 geboren sind, haben ein Regelrentenalter von 65 Jahren.
Die Versorgung der Bundesbeamten wird in Österreich schrittweise an die Pensionen der Arbeiter und Angestellten angeglichen.
14 Rentenzahlungen pro Jahr:
Nachdem auch im Berufsleben Arbeiter und Angestellte Urlaubs- und Weihnachtsgeld ausbezahlt bekommen, erhalten auch Rentnerinnen und Rentner 14 Auszahlungen pro Jahr.

In Österreich gilt bis heute der Grundsatz, dass sich alle politischen Parteien einig sind, dass an den Beitragssätzen zur Rentenversicherung nicht gerüttelt wird. Rentnerinnen und Rentner sind in Österreich ein nicht zu unterschätzender Machtfaktor, gerade auch bei Wahlen, so die Kollegin Djalinous-Glatz.
Auch davon könnte Deutschland lernen. Am gleichen Tag fand am Abend auch in der Stadtbücherei Augsburg eine themengleiche Veranstaltung statt.


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