Freitag, 22. Februar 2013

10 Argumente gegen das Streiken

Bald wird die spannende Frage aktuell:

Wie ernst meint es Dr. Hans Dieter Beck mit der zugesagten Bereitschaft zu Sondierungsgesprächen über tarifliche Regelungen in der Druckerei?

Klar ist: Wenn da nichts in die Gänge kommt, dann stellt sich wieder die Frage nach betrieblichen Aktionen, auch Streikaktionen!

Der Erfolg solcher Aktionen hängt ganz entscheidend davon ab, wie zahlreich sich die KollegInnen daran beteiligen.

Übrigens, nur der Vollständigkeit halber:
Wenn solche Aktionen notwendig werden, dann können sich selbstverständlich auch solche KollegInnen daran beteiligen, die den Zusatzvertrag 2 unterschrieben haben!

Die Streikposten vor dem Betrieb werden immer wieder mit den unterschiedlichsten Argumenten gegen einen Streik konfrontiert. Oft fehlte die Zeit für eine längere Diskussion. Manchmal fehlten einem/einer aber auch schlicht die Worte. Zum Beispiel, wenn mensch beim Überreichen des Streikaufrufs zu Hören bekommt: "Ich nicht. Ich bin wichtig!" Was will mensch da noch sagen?!

Es gab aber auch durchaus ernst gemeinte Argumente und Fragen, die KollegInnen an der Streikteilnahme gehindert haben. Mit diesen wollen wir uns hier mal auseinandersetzen. Wir laden Euch zum Diskutieren ein.

Nutzt die Kommentarfunktion unter diesem Artikel. Wir sind gespannt auf ALLE Meinungen. Um die Diskussion nachvollziehbarer zu machen, schreibt bitte am Anfang Eures Kommentars, auf welches der 10 Argumente ihr euch bezieht. Außerdem wäre es gut, wenn Ihr ein Pseudonym wählen würden, statt nur anonym zu antworten. Eure Identität bleibt auch so 100% geschützt, aber andere KommentatorInnen können sich leichter auf Eure Aussagen beziehen.



ARGUMENT 1: Der Firma geht es wirtschaftlich nicht gut, es gibt nichts zu verteilen. Aktuell gefährdet ein Streik nur unsere Arbeitsplätze.

Richtig ist: Unsere Branche hat Strukturprobleme. Diese Strukturprobleme sind weitgehend selbst durch die Schaffung enormer Überkapazitäten, die einen selbstmörderischen Preiskampf zur Folge haben, verursacht. Lohnverzicht bedeutet keine Entlastung struktureller Art. Die eingesparten Personalkosten werden nämlich sofort als Preisvorteil an die Kunden weitergeben. Nötig sind branchenpolitische Lösungen, auf allen Ebenen. Kaum ein Wirtschaftssektor in Deutschland ist gegen solche Lösungen so resistent wie die Druckindustrie.

C.H. Beck hat einen Wettbewerbsvorsprung: zum einen wegen seiner marktbeherrschenden Stellung auf dem Gebiet der juristischen Fachliteratur, zum anderen wegen der hervorragenden Leistungen seiner MitarbeiterInnen (als Beispiel sei nur auf das herausragende Know-how auf dem Gebiet des Dünndrucks verwiesen). Dafür dürfen wir eine entsprechende Bezahlung erwarten. 
Als Ergebnis dieses Wettbewerbsvorsprungs geht es C.H. Beck besser als den allermeisten Konkurrenten. Indizien dafür sind:
  • die Druckerei hat noch nie rote Zahlen geschrieben (Originalton Dr. H.D. Beck);
  • auch in der Krise gab es nicht einen einzigen Tag Kurzarbeit!
Im übrigen: Lohnverzicht rettet keine Arbeitsplätze. Kein Unternehmen dieser Welt bezahlt MitarbeiterInnen, die es nicht mehr zu brauchen meint. Egal wie "billig" diese sind. Restrukturierungen kosten Arbeitsplätze, ohne Ansehen der Person und der früheren Leistungen. Wer übrig bleibt kann mit Fug und Recht guten Lohn für gute Arbeit einfordern.

ARGUMENT 2: Ich kann die KollegInnen in meiner Abteilung mit der vielen Arbeit nicht allein lassen. Das wäre unsolidarisch.

Umgekehrt wird ein Schuh draus: Wer sich seinen KollegInnen verpflichtet fühlt und solidarisch denkt, unterstützt den Arbeitskampf um einen Tarifvertrag. JedeR darf an einem Streik teilnehmen, niemand muss währenddessen die Arbeit der anderen übernehmen. Jene, die das tun, nennt man Streikbrecher - und das ist genau das Gegenteil von Solidarität.

ARGUMENT 3: Ich arbeite sehr gerne hier. Mit meinem Gehalt komme ich zurecht. Warum sollte ich es auf einen Streit mit meinem Arbeitgeber ankommen lassen?


Streiken heißt nicht streiten. Streik ist ein Werkzeug, das die Väter des Grundgesetzes zur Klärung der unterschiedlichen Interessen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern in unsere Verfassung geschrieben haben (Artikel 9 GG). Streiks sorgen für das notwendige Gleichgewicht in einer Marktwirtschaft. Ein ordentlicher Arbeitgeber erkennt das Grundgesetz an und reagiert auf Arbeitsniederlegungen, wie es sich gehört: emotional gelassen und schließlich mit einem Angebot, mit dem beide leben können: die, denen die Produktionsmittel gehören, und jene, die bei C.H. Beck die Arbeit tun und für den Geschäftserfolg sorgen. 
Und übrigens: Was heißt "mit dem Gehalt zurecht kommen"? Am Ende muss jedeR mit dem auskommen, was er oder sie verdient. Ob die eigene Arbeitsleistung damit korrekt bezahlt ist, steht auf einem anderen Blatt.

ARGUMENT 4: Wenn ich heute streike, muss ich das morgen wieder reinarbeiten. Das bringt nichts und erzeugt keinen Druck auf den Arbeitgeber.

Der Arbeitgeber darf nach einem Streik keine Überstunden anordnen. Trotzdem ist der Rückstand nach einiger Zeit wieder aufgeholt. Und das ist auch gut so: Schließlich wollen wir "unseren" Laden nicht ruinieren.
Wie lange es dauert, bis die Geschäfte wieder normal laufen, hängt vor allem von der Streikdauer ab. Das weiß auch der Arbeitgeber, und er wird versuchen einzuschätzen, wie entschlossen die Belegschaft ist. Das wichtigste Signal für den Arbeitgeber ist dabei die Anzahl der Streikenden. Je mehr Leute beim Start eines Streiks dabei sind, umso größer ist der Druck auf den Arbeitgeber, weil er dann eine längere Arbeitsniederlegung fürchten muss. Wer also Wert auf einen kurzen Streik legt, macht am besten von Anfang an mit.

ARGUMENT 5: Streik ist was für die KollegInnen in der Produktion. Ich als AngestellterR kann mein Gehalt selber besser verhandeln.

Jetzt seien Sie einmal ganz ehrlich sich selber gegenüber: Wann haben Sie zum letzten Mal erfolgreich eine Höhergruppierung ausgehandelt? Aufgaben und Belastung nehmen Jahr für Jahr zu, aber immer, wenn Sie Geld haben wollen, hören Sie: "Das ist leider gerade jetzt ganz schlecht. Vielleicht nächstes Jahr." Und das nächste Jahr bleibt für die meisten auf ewig das nächste Jahr – gerade im kaufmännischen Bereich. Wenn Sie mehr Geld wollen, müssen Sie es sich holen: jetzt und zusammen mit den KollegInnen aus allen Bereichen!

ARGUMENT 6: Ich bin gerade mit einem ganz wichtigen und brandeiligen Projekt befasst. Streik geht ausgerechnet heute gar nicht.

Aus Arbeitgebersicht sind immer alle Projekte super wichtig und wahnsinnig dringend. Zumindest so lange, bis sie aufgegeben werden… Und sorry, wer alle Arbeit erledigt haben will, bevor er oder sie dieselbe niederlegt, hat das Prinzip Streik nicht verstanden. Ein bisschen wehtun muss der Arbeitskampf, sonst kommt nichts dabei raus.

ARGUMENT 7: Ich bin Führungskraft (z. B. Gruppenleiter), ich darf gar nicht streiken.

Spaß beiseite, es wirklich so: JedeR darf und jedeR sollte solidarisch sein und Streiks unterstützen. Ihr Ansehen bei Ihren MitarbeiterInnen wird steigen, weil Sie gezeigt haben, dass Sie die Anliegen Ihrer Leute respektieren und nach Kräften unterstützen. So führt es sich in Zukunft besser.
Ihr Ansehen beim Arbeitgeber wird vielleicht kurzfristig sinken – aber eben nur kurzfristig. Denn Ihr Arbeitgeber schätzt und braucht Sie in erster Linie wegen Ihrer Arbeitsleistung und Ihren Führungsqualitäten, nicht wegen Ihrer Streikverweigerung.

ARGUMENT 8: Ich bin bestimmt der oder die Einzige in meiner Abteilung beim Streik. Tut mir leid, aber das trau' ich mich echt nicht.

Stimmt, das könnte eine komische Situation sein. Aber Sie können selbst etwas dagegen tun: Streiks fallen nicht vom Himmel, sondern kündigen sich in der Regel schon Wochen vorher an. Sprechen Sie im Kreis Ihrer KollegInnen über den "Streikfall". Diskutieren Sie und stimmen Sie sich ab. Je mehr Leute dabei sind, umso leichter fällt es mitzumachen. Am Ende haben dann jene die Arschkarte, die sich unsolidarisch zeigen. Die meisten Streikbrecher bewundern übrigens den Mut der Aktiven. Fragen Sie doch mal in Ihrer Abteilung nach.

ARGUMENT 9: Streiken ist nur was für GewerkschafterInnen, und da bin ich aus verschiedenen anderen Gründen kein Mitglied.

Das ist sehr schade, schadet aber nichts. Streikrecht ist Grundrecht und hängt nicht von einer Gewerkschaftsmitgliedschaft ab. Gilt ein Tarifvertrag, so werden alle Beschäftigten entsprechend ihrer Tätigkeit in dieselben Tarifgruppen eingruppiert, egal ob organisiert oder nicht. Also profitieren Sie auch als Nicht-Mitglied vom Kampf der Gewerkschaften und Ihrer organisierten KollegInnen.
Streikgeld gibt's natürlich nur für Mitglieder, aber Sie können noch am Streiktag in die Gewerkschaft eintreten. Dann erhalten Sie ebenfalls Streikgeld.
Ein Wort noch zu unseren Mitgliedsbeiträgen: Bei ver.di führen Sie gerade mal 1% Ihres Monatslohns an die Gewerkschaft ab. Wenn wir mehr Lohn erkämpfen, dann zahlt sich dieser geringe Betrag schnell wieder aus. Und je mehr sich einreihen, umso bessere Lohnerhöhungen können erkämpft werden. Einigkeit macht stark und Solidarität lohnt sich, auch finanziell.  

ARGUMENT 10: Wenn die anderen streiken, reicht das doch. Nach dem Streik kriege ich automatisch mehr Geld und stehe vor meinem Chef auch noch gut da.

Ob Ihr Chef Sie wirklich so toll findet, oder ob er sich Gedanken über Ihren Teamgeist und Ihr Selbstbewusstsein macht, sei einmal dahingestellt. Fakt ist in jedem Fall: Je mehr streiken, umso besser die Lohnentwicklung, auch Ihre. 
Außerdem geht es bei vielen Streiks direkt oder indirekt um den Manteltarifvertrag. Ihre sechs Wochen Urlaub im Jahr, die 35-Stunden-Woche, Weihnachts- und Urlaubsgeld, Kündigungsschutz usw.: Alle Ihre Ansprüche und Rechte sind irgendwann einmal mit Streiks durchgesetzt worden. Und sie müssen immer wieder mit Streiks verteidigt werden.
Kann sein, dass Sie sonst auch persönlich ganz schön dumm aus der Wäsche gucken. Dann nämlich, wenn sie zwei Wochen mehr im Jahr arbeiten müssen, statt das Urlaubsgeld auszugeben, das Ihre solidarischen KollegInnen für Sie erkämpft haben. Aber das gibt's dann ja auch nicht mehr…  

10 Kommentare:

  1. Argument 10:
    In der Beck'sche waren wir uns immer weitgehend einig beim streiken. Es waren immer so ziemlich die Gleichen, die nicht streikten, aber immer die Hand aufgehalten haben, verzichtet hat nach meinem Wissen noch niemand.
    Heute und morgen geht es um die simple Frage:

    Bist du für Tarifverträge und verlässliche Arbeitsbedingungen oder für Zusatzverträge, die je nach Arbeitgeberlaune veränderbar sind!

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  2. Ich brauche keine Argumente mehr!
    Die Chef's in München und Nördlingen machen Versprechungen, ohne diese einzuhalten und wollen uns doch nur wieder hinhalten.
    Kein Neubau, keine neue Rotation, kein Tarifgespräch!
    Sorry, aber das ist doch nur Verarschung!

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  3. Du hast es auf den Punkt gebracht: alles nur Verarschung! Wer soll denen noch etwas glauben?

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  4. C. H. Beck hat ein wesentliches Kapital verspielt, das rd. 250 Jahre wichtig war, nämlich die Loyalität und das Vertrauen seiner Mitarbeiter.

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  5. Könnte der Betiebsrat diese 10 Argumente vieleicht kopieren und in den Abteilungen auslegen? Es gibt viele Kollegen die nicht so oft in den Blog reinschauen, oder gar nicht in der Gewerkschaft sind. Aber auch für Nichtstreiker ist das sehr lesenswert.

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  6. Gibt es nach der Zusage von Dr. Hans Dieter Beck schon einen Gesprächstermin für das Tarifsondierungsgespräch mit ver.di?

    Kann es sein, dass sich ein Mann mit Doktortitel, Verleger und Gesellschafter des bedeutendesten jur. Verlages, ehem. Richter, Träger zahlreichreicher Orden und Auszeichnungen - also ein Ehrenmann, nicht mehr an seine Zusage bzw. sein Wort hält?

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  7. Es wird wahrscheinlich kein Gespräch geben weil Die Herren haben was sie wollen.Wenn es zum Streik kommt macht ihr mit?? Ich habe nämlich kein Bock für Leute einzustehen was selber kein Rückgrat habe jammern und maulen und wenn es drauf ankommt auf den Bauch fallen.Anscheinend arbeitet ihr ehrenamtlich oder was

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  8. Was ich so gehört habe, können sich weder unsere Chefs in München noch in Nördlingen an ihre Zusage zu Tarifgesprächen erinnern.

    Man könnte auch sagen, sie haben uns wieder einmal hinter die Fichte geführt. Auf rieserisch - haben sie uns verarscht (nicht das erste mal).

    Man könnte aber auch den Verdacht haben, dass man uns - die Deppen in Nördlingen - bewusst anlügt...

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  9. Sollten die Herren aus München wirklich meinen, Sie müssten nicht mit uns über Tarifliche Grundordnungen reden, dann werden sie, wie schon Ende des Jahres 2012 mit erheblichem Wiederstand rechnen müssen.
    Herr Dr. Beck, zugesagt ist zugesagt, nicht wahrgenommen ist eine Ohrfeige für die Beschäftigten Ihres Hauses.

    Warum wollen Sie Zeit gewinnen?

    Im September ist Ihr und unser Fest, 250 Jahre C.H.Beck,wollen Sie echt Probleme die Sie und Ihren Namen nicht gerade sauber da stehen lassen?

    Mal sehn ob Nördlingens neuer Boss aus München Gesprächsbereitschaft mit BR und ver.di zeigt, oder zeigen darf. Er hätte sich wohl sonst sehr schnell versch...!!!



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  10. Dieses falsche Spiel ist durchschaubar!

    Verzögerungstaktik, Zeit schinden und die Tarifgespräche ins Leere laufen lassen, das ist die Taktik der Herren in München und Nördlingen. Das pfeifen doch die Spatzen in Nördlingen schon längst von den Dächern und auch in den Abteilungen der Beck'sche.

    Nur wir sind nicht so blöd, auch wenn sie es meinen!!!

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