Informationen der Gewerkschaft ver.di zum C.H. Beck Konzern. Zu C.H. Beck gehören u.a. die Verlagsdruckerei in Nördlingen, der Verlag in München, die Zeitschriftenredaktion in Frankfurt, die Verlagsauslieferung in Nördlingen und zahlreiche Buchhandlungen in ganz Deutschland. In diesem Blog finden MitarbeiterInnen Informationen zu C.H. Beck und der Gewerkschaft ver.di sowie die Möglichkeit sich auszutauschen und zu aktuellen Problemen zu diskutieren. Aktuell brisant: Tarifflucht von C.H. Beck.
Sonntag, 23. September 2012
Schamrot mit Krücke
Sie sind dick und rot. Nein, es handelt sich
weder um Tomaten noch um überernährte Linkspolitiker. Es sind vielmehr die
Loseblatt-sammlungen des Verlags C. H. Beck gemeint, die deutsche Gesetze
traditionell in fette rote Ordner im A5-Format packen.
Darin finden wir zum Beispiel den § 253 Strafgesetzbuch zum
Straftatbestand Erpressung: »Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder
durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder
Unterlassung nötigt und dadurch dem Vermögen des Genötigten oder eines anderen
Nachteil zufügt, um sich oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern, wird mit
Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.«
Wahr ist: Es war nicht rechtswidrig, als Firmenchef Doktor
Hans Dieter Beck 2007 die Beschäftigten seiner Buchbinderei vom Drucktarif in
den um 20 Prozent schlechter ausgestatteten der Papierverarbeitung
hinübernötigte. Die Drohung mit Arbeitsplatzverlust ist zwar ein »empfindliches
Übel«, aber in unserem Land legal. Juristisch also keine Erpressung.
Wahr ist: Es war nicht rechtswidrig, als es 2011
weiterging: kompletter Ausstieg aller Firmenteile aus dem Drucktarif, unbezahlte
Erhöhung der Arbeitszeit um 3,75 Stunden, Reduzierung der Stundenlöhne und der
Erschwerniszuschläge, Kürzungen der Jahresleistung und des Urlaubsgeldes,
Streichung der Freischichten für Schichtarbeiter, Streichung des
Essensgeldzuschusses. Dadurch werden zwar den Vermögen der Genötigten Nachteile
zugefügt, aber eben legal. Also auch keine Erpressung.
Wahr ist: Durch völlig legal abgepresste Einzelverträge
gibt es nun ein Lohndurcheinander mit der Folge der Belegschaftsspaltung. Das
passt: Das Beck-Standardwerk »Verfassungs- und Verwaltungsgesetze« nennt man
nach seinem Begründer auch den »Sartorius«. Das ist lateinisch und bedeutet
»Flickschneider«.
Wahr ist: Die Motivation der Belegschaft ist gesunken, der
Krankenstand gestiegen. Durch die Tarifflucht von C. H. Beck kann das
Unternehmen zu Dumpingpreisen anbieten und damit andere, tarifehrliche
Druckereien und Verlage und deren Belegschaften schädigen. Alles nicht
rechtswidrig.
Wahr ist: Durch die Tarifflucht von C. H. Beck verliert
nach Berechnungen der ver.di-Betriebsgruppe beispielsweise ein Rotationsdrucker
jährlich rund 7.000 Euro. Ein Rotationshelfer darf auf etwa 6.000 Euro
verzichten und so geht es weiter. Firmenchef Doktor Beck spricht von einem
»harmlosen Verzicht von etwa fünf Prozent«. Fünf Prozent von was? Von seinem
Mehrgewinn? Jedenfalls ist das offenbar nicht rechtswidrig.
Unwahr ist, dass H. D. Beck sämtliche Beschäftigten
entlassen und sie auf Basis von Einzelwerkverträgen bei vollem Lohnverzicht
wieder einstellen möchte. Unwahr ist, dass dann jede und jeder im Winter
Heizmaterial mitzubringen hat und im Sommer Fürst-Beckler-Eis – für die
Führungsriege.
Wahr ist hingegen: Zum Jubiläum der Ausgaben gibt es die
Beck-Gesetzesordner nun mit einem Aufsteller, einer Krücke. Damit sie nicht gleich
tot umfallen. Und sie sind rot. Damit man die Schamröte nicht sieht.
Hans Dölzer
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Schamrot mit Krücke.....herrlich!!!
AntwortenLöschenEin toller Artikel bzw. eine super Glosse auf den Marktführer von Gesetzen, Arbeits- und Tarifkommentaren. Kann durchaus sein, dass auch Autoren und Kunden des Beck Verlages diese Glosse lesen. Finde ich klasse, dass ihr den Artikel in eurem Blog eingestellt habt. Der Artikel ist auch in der neuen druck und papier auch zu lesen.
Viel Erfolg und lasst euch nicht unterkriegen!