Es
geht um das Streikrecht - ver.di lehnt Gesetzentwurf ab!
In
Deutschland wird so wenig gestreikt wie in kaum einem anderen Industrieland.
Und ein durchschnittlich bezahlter Beschäftigter hat heute preisbereinigt rund
drei Prozent weniger Einkommen als im Jahr 2000. Jetzt stellen sich vor allem
Branchengewerkschaften gegen diese Entwicklung.
Plötzlich
schreckt die große Koalition (GroKo) auch nicht vor einem direkten Eingriff in
das Streikrecht zurück. Da dieses in der Verfassung – ohne Änderungsmöglichkeit
– festgelegt ist, betreibt die GroKo einen Verfassungsbruch. Unfassbar ist,
dass dabei eine sozialdemokratische Ministerin die Federführung hat.
Das Gesetz sagt: Wenn in einem Betrieb zwei Gewerkschaften unterschiedliche
Tarifverträge aushandeln, dann gilt nur der Vertrag der Gewerkschaft, die mehr
Mitglieder hat. Damit soll kämpferischen Klein-Gewerkschaften wie der
Gewerkschaft der Lokführer (GdL) die Waffe aus der Hand genommen werden. In Deutschland soll wieder
brav gearbeitet werden.
Im Kern handelt es sich hiermit faktisch um einen Eingriff ins
Streikrecht.
Wenn
nämlich für eine Minderheitsgewerkschaft absehbar ist, dass ein von ihr
abgeschlossener Tarifvertrag gar keine Wirksamkeit entfaltet, wird natürlich
auch niemand dafür streiken.
Sicher, Tarifeinheit ist eine wichtige Sache. Je einiger die Beschäftigten
auftreten, umso mehr Druck können sie machen in Sachen höhere Löhne und bessere
Arbeitsbedingungen. Deswegen und aus falsch verstandener
Solidarität mit „ihrer“ Arbeitsministerin freunden
sich auch einige DGB-Gewerkschaften mit dem Nahles-Gesetz an. Aber das ist
komplett verfehlt.
Erstens
handelt es sich hier um einen Bruch der Verfassung, der die Gefahr in sich
birgt, dass damit generell das Streikrecht unter Beschuss gerät.
Wehret
den Anfängen – deshalb lehnen auch ver.di und die NGG den Gesetzentwurf ab.
Zweitens:
Tarifeinheit muss durch politische Einigung der Gewerkschaften bzw. der
Beschäftigten selbst hergestellt werden und nicht per Gesetz.
Drittens: Künftig
soll nur noch der Tarifvertrag gelten, den die Mehrheits-Gewerkschaft in einem
Betrieb durchsetzt. Aber welcher ist das?
Darüber
bestimmen nicht nur die Mitgliederzahlen, sondern auch die Betriebsführungen.
Ihnen dürfte es in vielen Fällen leicht fallen, per Umstrukturierung ihre
Betriebe so aufzuteilen, dass die ihnen genehme Gewerkschaft die Mehrheit in
einem Betriebsteil hält.
Viertens: Was ist
eigentlich die Ursache für die viel beklagte „Tarif-Uneinheit“? Haben die
kleinen Berufsgewerkschaften sie produziert? Keineswegs!
Schuld an
der Zersplitterung der Tariflandschaft sind jene, die heute am lautesten
darüber heulen: SPD, Grüne und die Union. Sie haben den Arbeitsmarkt
„flexibilisiert“, Leiharbeit und Werkverträgen Schranken aus dem Weg geräumt.
Das haben die Unternehmer genutzt:
umstrukturiert, tariffreie Zonen geschaffen, Betriebsteile ausgelagert.
Die
Belegschaft eines Betriebs arbeitet heute unter unterschiedlichsten
Tarifverträgen. Stammbeschäftigte stehen neben Leiharbeitern und Werkvertrags-Beschäftigten zusammen an einem Band.
Erste Folge:
Viele Gewerkschaften sind für einen Betrieb zuständig bzw.
einige
Beschäftigtengruppen haben gar keine gewerkschaftliche Interessenvertretung.
Zweite Folge:
Durch die gezielte Schwächung der Gewerkschaften im Zuge der Agenda 2010
konnten angemessene Lohnerhöhungen gar nicht mehr durchgesetzt werden. Da ist
es kein Wunder, dass, vor ca. 15 Jahren, sich durchsetzungsstarke Berufsgruppen abgespalten haben,
um ihre eigenen Kämpfe zu führen.
Wir fordern:
Statt Einschränkung des Streikrechtes sollte vielmehr dessen Ausweitung auf der Tagesordnung stehen. Und wir
brauchen endlich die Klarstellung, dass politische Streiks uneingeschränkt legal sind! In vielen anderen, zivilisierten
Ländern ist das selbstverständlich.
Hände weg vom Streikrecht!
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