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Freitag, 3. Juli 2020

Verlagsförderung: Unterstützung muss an Bedingungen gebunden sein

Sicherlich auch für euch überraschend, gab es im Rahmend der Beratung des Nachtragshaushalts im Bundestag auch auf einmal einen Posten zur Verlagsförderung mit insgesamt 220 Mio. Euro Förderung über mehrere Jahre.

Dazu hat ver.di eine Pressemitteilung herausgebracht, die für die weitere Ausgestaltung der Förderrichtlinien, die jetzt ansteht, klare Orientierung der Zuwendung an Kriterien fordert. Kriterien die dazu führen, dass auch die Beschäftigten in Verlagen etwas davon haben, wenn Digitalisierung gefördert wird

„Wer von öffentlichen Geldern profitieren will, der muss auch die Einhaltung tariflicher Standards, gute Arbeitsbedingungen und eine angemessene Vergütung nachweisen“,
Pressemitteilung vom 02.07.2020

Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) fordert klare Kriterien und Bedingungen für die Verteilung der vom Deutschen Bundestag beschlossenen staatlichen Fördergelder für Verlage in Höhe von insgesamt 220 Millionen Euro. „Wer von öffentlichen Geldern profitieren will, der muss auch die Einhaltung tariflicher Standards, gute Arbeitsbedingungen und eine angemessene Vergütung nachweisen“, sagte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Christoph Schmitz am Donnerstag.

Voraussetzung für die Gewährung von Unterstützungsgeldern müsse die Offenlegung der wirtschaftlichen Kennzahlen durch die Verlage sein. Die Förderung solle nach fairen Kriterien verteilt werden und dürfe nicht an der falschen Stelle landen. „Es darf nicht sein, dass Verlage, denen es verhältnismäßig gut geht, unter dem Deckmantel des Tendenzschutzes Gelder einstreichen, die andere viel dringender benötigen“, stellte Schmitz klar.

Größtmögliche Transparenz und Unabhängigkeit forderte er zudem hinsichtlich der zu bestimmenden Verteilstrukturen: „Um ihrem Auftrag der Kontrolle staatlicher Macht nachkommen zu können, müssen Medien auch frei von jeglicher staatlichen Einflussnahme arbeiten können.“ Dies gelte es bei der Verteilung der Bundesgelder zu berücksichtigen, mahnte Schmitz.

 
 
 

Freitag, 26. Juni 2020

Prekär und systemrelevant!

Wirtschaftspolitik aktuell 11 / 2020
 

Trotz erhöhtem Risiko, sich selbst anzustecken: Die Beschäftigten vieler Dienstleistungsbranchen hielten während der Corona-Einschränkungen den Laden am Laufen. Sie waren und sind unverzichtbar – sie sind „systemrelevant“.

Wie eine aktuelle Studie des DeZIM-Institus zeigt, haben viele von Ihnen einen Migrationshintergrund. Während der Anteil der Beschäftigten mit Migrationshintergrund an allen Berufen etwa ein Viertel beträgt, liegt er bei Reinigungskräften bei fast der Hälfte, in der Altenpflege sowie bei Post- und Zustelldiensten bei etwa einem Drittel und bei Fahrer*innen im Straßenverkehr bei etwa 30 Prozent. Die Mehrheit von Ihnen ist im Ausland geboren und selbst nach Deutschland gekommen.


Menschen mit Migrationshintergrund stecken überdurchschnittlich oft in schlecht bezahlten und unsicheren Arbeitsverhältnissen. Gerade Beschäftigte, die im Ausland geboren sind, erhalten oft nur einen Niedriglohn. Und ausgerechnet in systemrelevanten Berufen ist der Anteil der Niedriglohn-Beschäftigten besonders hoch.

„Applaus reicht nicht“ – das gilt deshalb auch hier: Wir brauchen gute und gesunderhaltende Arbeit für alle. Wir müssen prekäre Beschäftigungsverhältnisse zurückdrängen. Der Schutz durch Tarifverträge muss auch in den Systemrelevanten Berufen ebenso selbstverständlich werden wie eine gute Entlohnung, Mitbestimmung und Chancen zur Weiterqualifizierung.

Bereich Wirtschaftspolitik
ver.di Bundesverwaltung Berlin
wirtschaftspolitik@verdi.de
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Samstag, 23. Mai 2020

Rettungsschirm aufspannen!

Corona bringt Städte und Gemeinden in Not. Die Ausgaben für kommunale Krankenhäuser, soziale Dienste und Sozialleistungen steigen. ÖPNV, Stadtwerke, Kultureinrichtungen und Wohnungsbaugesellschaften verlieren durch den Stillstand des öffentlichen Lebens Einnahmen.

Die schwere Wirtschaftskrise führt zu Umsatzeinbrüchen bei Restaurants, Hotels, Einzelhandel und Industrie. Beschäftigte in Kurzarbeit müssen auf Lohn verzichten. Die jüngste Steuerschätzung rechnet bei den kommunalen Steuereinnahmen mit einem Minus von rund 12 Milliarden Euro. Bis 2024 drohen den Städten und Gemeinden 46 Milliarden Euro weniger Steuereinnahmen. Viele hoch verschuldete Kommunen könnten so ihre Handlungsfähigkeit verlieren. Es drohen Kürzungen bei Daseinsvorsorge und Investitionen. In den Kommunen wird ein Großteil der öffentlichen Investitionen getätigt. Wenn dort der Rotstift angesetzt wird, dann kostet das Wachstum, Beschäftigung und sozialen Zusammenhalt.

Deswegen müssen die krisenbedingten Mehrausgaben und Steuerausfälle durch den Bund und die Länder aufgefangen werden. Finanzminister Scholz will die Gewerbesteuerverluste pauschal ausgleichen, überschuldeten Kommunen die Altschulden erlassen und die ostdeutschen Kommunen entlasten. Das ist gut so. Jetzt müssen aber auch die Bundesländer die Nothilfe mittragen – und CDU/CSU ihre ideologisch
motivierte Blockade endlich aufgeben!

Weitere Informationen unter:  

Bereich Wirtschaftspolitik
ver.di Bundesverwaltung Berlin
wirtschaftspolitik@verdi.de
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Freitag, 3. April 2020

Wirtschaftspolituk aktuell

Kurzarbeitergeld aufstocken!

Die Coronakrise hat die deutsche Wirtschaft fest in ihrer Hand. Um die Folgen für Betroffene abzumildern hat die Bundesregierung weitreichende Hilfspakete mit hunderte Milliarden Euro Krediten und Soforthilfen geschnürt. Ein Kernpunkt sind Erleichterungen beim Kurzarbeitergeld. Doch Arbeitgeber werden stärker entlastet als Beschäftigte. Während Unternehmen von den Kosten für Lohn und Sozialbeiträgen zu 100 Prozent befreit werden, müssen sich die Beschäftigten mit 60 Prozent (67 Prozent mit Kind) ihres Nettolohns zufriedengeben.
Ein Einkommensverlust von 40 Prozent wird für viele Beschäftigte mit mittleren und niedrigen Einkommen zur existentiellen Bedrohung werden. Beispielsweise bekommt eine alleinerziehende Verkäuferin im Einzelhandel mit einem Kind und einem Monatseinkommen von brutto 1.890 Euro ein Kurzarbeitergeld von 939 Euro.


Kinderlose mit 1.800 Euro brutto müssen mit 781 Euro auskommen. Für viele wird Aufstocken mit Hartz IV unausweichlich sein.

Nicht nur Unternehmen müssen vor der Krise gerettet werden, auch die Beschäftigten müssen geschützt werden. Daher fordern wir: Das Kurzarbeitergeld muss auf 90 Prozent aufgestockt werden! Wo es keine tariflichen Regelungen gibt, muss es gesetzlich geregelt werden. Im öffentlichen Dienst hat ver.di jetzt eine wegweisende Vereinbarung erzielt: Für untere und mittlere Einkommen gibt es 95 Prozent des pauschalierten Netto, darüber noch 90 Prozent.

Bereich Wirtschaftspolitik
ver.di Bundesverwaltung Berlin
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Freitag, 13. März 2020

Wirtschaftspolitik ver.di aktuell

Fachkräftemangel hausgemacht

In Deutschland gibt es keinen flächendeckenden Fachkräftemangel. In einigen Berufen fehlt aber bundesweit qualifiziertes Personal. Besonders betroffen sind technische Berufe, Bauberufe sowie Gesundheits- und Pflegeberufe und Berufe in Bildung und Erziehung. Die Alterung der Gesellschaft verschärft das Problem.

Doch warum gibt es überhaupt diesen Personalmangel? Aufschluss darüber gibt eine Antwort der Bundesagentur für Arbeit auf eine Anfrage der Linksfraktion. Demnach verdienen Beschäftigte in Berufen mit Fachkräfteengpässen oft unterdurchschnittlich. Am schlechtesten werden medizinische Fußpfleger*innen bezahlt, ein „Frauenberuf“. Sie erhalten im Mittel nur 1.826 Euro brutto im Monat. Fleischverarbeiter*innen bekommen nur 2.123 Euro. Insgesamt wird jeder zweite Beruf mit Fachkräfteengpass unterdurchschnittlich entlohnt. 
Auch im öffentlichen Dienst können immer mehr Stellen nicht besetzt werden, weil für qualifiziertes Personal die freie Wirtschaft finanziell oft attraktiver ist. Hier wird bis 2030 eine Lücke von über 800.000 Stellen prognostiziert.
Der Fachkräftemangel ist also hausgemacht! Die Menschen sind nicht bereit, einen anspruchs- und verantwortungsvollen Beruf zu erlernen, der schlecht bezahlt wird. Die Lösung: Höhere Ausbildungsvergütungen, bessere Löhne, mehr Tarifbindung, bessere Arbeitszeiten, gesunde Arbeitsbedingungen und mehr Urlaub.

Bereich Wirtschaftspolitik
ver.di Bundesverwaltung Berlin
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Montag, 9. März 2020

Wirtschaftspolitik ver.di aktuell

Schwerer Steuerdiebstahl! 

Es ist das größte Wirtschaftsverbrechen dieser Republik. Eine Finanzmafia aus Bankern, Fondsverwaltern, Wirtschaftsprüfern, Steuerberatern und Rechtsanwälten prellte den Staat mit Steuertricks um mehr als 30 Milliarden Euro. Dieses Geld fehlt für Bildung, Gesundheit und Soziales.

Der Verbrecherring machte jahrelang so genannte Cum-Ex-Geschäfte. Sie handelten Aktien mit (cum) und ohne (ex) Dividende. Die Banken verkauften vor dem Dividendenstichtag Aktien, die sie nicht besaßen. Nach Dividendenzahlung kaufte die Bank jene Aktien, die sie dem Käufer zugesagt hatte. Der Käufer, ebenfalls ein Finanzdienstleister, erhielt die Aktien erst einige Tage später gutgeschrieben. Solche Leerverkäufe sind legal. Dividenden sind steuerpflichtig. Finanzinstitute können sich diese Steuer zurückerstatten lassen. Dafür brauchen sie einen Steuerbescheid ihrer Depotbank. Zunächst bekam der ursprüngliche Aktienbesitzer diese Steuerbescheinigung. Dann stellte die Depotbank des Käufers einen zweiten Bescheid aus, obwohl er keine Steuer gezahlt hatte. Die Beteiligten ließen sich die einmal gezahlte Steuer mehrmals erstatten. Die Beute teilten sie untereinander auf.

Die kriminellen Geschäfte hätten ohne staatliche Beihilfe nicht funktioniert. Minister, Staatssekretäre, Fachbeamte und Aufseher ignorierten frühzeitige Hinweise. Jetzt muss der Rechtsstaat durchgreifen. Das gestohlene Geld muss mit Zins und Zinseszins zurückgezahlt werden.

Bereich Wirtschaftspolitik
ver.di Bundesverwaltung Berlin
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Freitag, 21. Februar 2020

Wirtschaftspolitik aktuell

Altschulden-Problem lösen!


Finanzminister Olaf Scholz möchte das Problem kommunaler Altschulden endlich angehen. Damit greift er eine langjährige ver.di-Forderung auf: Überschuldete Kommunen müssen finanziell wieder handlungsfähig werden. Denn um Zinsen und Tilgung finanzieren zu können, stellen sie viel zu oft benötigtes Personal nicht ein, unterlassen sie notwendige Investitionen und bauen sie öffentliche Dienstleistungen ab. Dies gefährdet die soziale Teilhabe vor Ort und die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse in Deutschland.

In Kommunen mit besonders hohen Schulden leben etwa zehn Millionen Menschen. Betroffen sind Städte, Gemeinden und Kreise vor allem in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Die Gründe für ihre finanzielle Misere sind insbesondere eine unzureichende Finanzausstattung, hohe Arbeitslosigkeit und ein wirtschaftlicher Strukturwandel.


Vor diesem Hintergrund kann eine Altschulden-Entlastung der Kommunen durch Bund und Länder nur ein erster, wenn auch wichtiger Schritt sein. Dem müssen eine allgemeine Verbesserung der Finanzausstattung insbesondere der strukturell finanzschwachen Kommunen, ein Ausbau regionaler Strukturpolitik sowie eine Stärkung der öffentlichen Daseinsvorsorge folgen. Manche aber wollen nicht einmal diesen ersten Schritt gehen: Einige Bundesländer, die FDP und Teile von CDU/CSU blockieren. Es wäre fatal, würden sie sich durchsetzen.

Bereich Wirtschaftspolitik
ver.di Bundesverwaltung Berlin
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20_03 Kommunalfinanzen.pdf



Freitag, 17. Januar 2020

Wirtschaftspolitik aktuell 01/2020

Mindestlohn rauf auf 12 Euro!

Seit fünf Jahren gibt es jetzt den gesetzlichen Mindestlohn in Deutschland. Seit Jahresanfang 2020 beträgt er 9,35 Euro die Stunde. Im Vorfeld hatten Unternehmerverbände und Neoliberale Horrorgeschichten verbreitet, über eine Million Arbeitsplätze könnten durch den Mindestlohn verloren gehen. Die wirkliche Entwicklung hat sie total blamiert: etwa zehn Prozent mehr Geld für Niedriglohnbeschäftigte und keinerlei negative Beschäftigungseffekte. Lediglich wurden etwa 100.000 Minijobs durch reguläre Jobs ersetzt, was positiv ist.

Allerdings gibt es für Langzeitarbeitslose und Jugendliche immer noch Ausnahmen. Diese müssen abgeschafft werden. Und der Mindestlohn wird in viel zu vielen Fällen missachtet und umgangen. Sonderzahlungen oder Zuschläge werden angerechnet oder die Arbeitszeiten nicht korrekt erfasst und bezahlt. Die Kontrollen sind viel zu lasch und zu wenige. Es fehlen hier mindestens 3000 Stellen.
 

Vor allem aber ist der Mindestlohn erheblich zu niedrig. Mit weniger als der Hälfte des mittleren Lohns schneidet er auch im internationalen Vergleich schlecht ab, in Frankreich beträgt er über 60 Prozent. Wer Mindestlohn bekommt, liegt immer noch deutlich im Niedriglohnbereich. Das sind in Deutschland fast ein Viertel aller Beschäftigungsverhältnisse, einer der höchsten Anteile in Europa. ver.di fordert, dass der Mindestlohn bis spätestens zur nächsten Bundestagswahl auf mindestens 12 Euro erhöht wird!

Bereich Wirtschaftspolitik
ver.di Bundesverwaltung Berlin
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Freitag, 10. Januar 2020

Wirtschaftspolitik aktuell

Kein staatliches Lohndumping!

Bund, Länder, Kommunen und andere öffentliche Auftraggeber vergeben jedes Jahr Aufträge an private Unternehmen in Höhe von über 300 Milliarden Euro. Dies entspricht etwa zehn Prozent des Sozialproduktes.

Der Staat kann diese Marktmacht nutzen und sie für seine wirtschafts- und sozialpolitischen Ziele einsetzen. Hierzu gehören die Unterstützung regionaler Wirtschaftskreisläufe, die Förderung kleinerer und mittelständischer Firmen, die Stärkung einer nachhaltigen Wirtschaftsweise oder die Einhaltung von Tarifverträgen und anderen sozialen Mindeststandards. Dies befördert zugleich einen fairen Wettbewerb zwischen den Unternehmen und verhindert Schmutzkonkurrenz.
Aktuell haben 14 von 16 Bundesländern Vergabegesetze mit sozialen Kriterien für die öffentliche Auftragsvergabe. Sachsen plant das, nur Bayern und der Bund haben sich bisher verweigert. Sechs Bundesländer haben einen eigenen Vergabemindestlohn. Thüringen bindet die Vergabe öffentlicher Aufträge an Tarifverträge. Das Saarland, Berlin, Bremen und Brandenburg planen eine vergleichbare Regelung. Das ist gut so!

Öffentliche Aufträge dürfen zukünftig nur noch Unternehmen erhalten, die nach Tarif zahlen. Tarifflucht und Ausbeutung dürfen nicht mit Steuergeld unterstützt werden. Deswegen brauchen der Bund und alle Bundesländer ein fortschrittliches Vergabegesetz: öffentliche Aufträge nur mit Tarifverträgen!


Bereich Wirtschaftspolitik
ver.di Bundesverwaltung Berlin
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 19_19_Vergabemindestlohn.pdf



Mittwoch, 18. Dezember 2019

Wirtschaftspolitik aktuell

Tarif bringt's!

Die OECD ist nicht als gewerkschaftsnahe Institution bekannt. Doch in einem aktuellen Bericht plädiert sie – gestützt auf Forschungsergebnisse – für eine Stärkung der Tarifvertragssysteme und der Mitbestimmung.

Tatsächlich haben Tarifverträge handfeste Vorteile. Die OECD zeigt: Wer in einem tarifgebundenen Betrieb arbeitet, verdient im Durchschnitt besser. Die Lohnspreizung in Branchen mit Flächentarifverträgen ist geringer. In Ländern mit gut ausgebauten Tarifvertragssystemen und Arbeitnehmer-Mitbestimmung sind zudem die Arbeitsbedingungen besser – etwa beim Arbeitsschutz, der Arbeitszeit sowie der Weiterbildung. 

Und weil gerade Weihnachten vor der Tür steht: Während in Deutschland 76 Prozent der Beschäftigten mit Tarifvertrag Weihnachtsgeld erhalten, sind es bei den Beschäftigten ohne Tarifvertrag nur 42 Prozent. Das zeigen aktuelle Zahlen der Hans-Böckler-Stiftung. Genug Gründe also, die Tarifbindung auszuweiten!
Die Wirklichkeit ist eine andere: Immer weniger Betriebe und Beschäftigte werden von Tarifverträgen erfasst. Selbst die OECD fordert einen stärkeren Einsatz der Politik, um diese Entwicklung umzukehren. Zu Recht! Es gilt, atypische Beschäftigung zurückzudrängen. Tarifverträge müssen leichter allgemeinverbindlich erklärt werden können. Und bei der Vergabe öffentlicher Aufträge muss die Bezahlung nach Tarif vorgegeben werden.

Bereich Wirtschaftspolitik
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Donnerstag, 21. November 2019

Wirtschaftspolitik aktuell

Gewinnsteuern nicht senken!

Wirtschaftsminister Altmaier (CDU) will die Unternehmenssteuern von 30 auf 25 Prozent senken. Obwohl die tatsächliche Besteuerung aufgrund diverser Vergünstigungen sowieso schon niedriger ist. Begründung: Die USA und andere Länder haben ihre Steuersätze gesenkt.
Die Gewinnsteuersätze sind in den letzten Jahrzehnten bereits mehrfach gesenkt worden. Auch Vermögensteuern wurden abgeschafft. Begründung für diese neoliberale Politik: mehr Investitionen und Arbeitsplätze. Zugleich wurde bei öffentlichen Investitionen und Sozialem gekürzt. Die Ungleichheit der Einkommen und Vermögen stieg weltweit massiv an. Die Investitionen dagegen entwickelten sich sogar schwächer als früher, als die Steuern höher waren.


Das ist gar nicht überraschend. Die Unternehmen investieren nicht deswegen mehr, weil sie weniger Steuern zahlen. Sondern wenn Massenkaufkraft und öffentliche Ausgaben für hinreichende Nachfrage sorgen. Die Unternehmen in Deutschland haben genug Geld. International erzielen sie große Überschüsse. Riesige Bedarfe gibt es dagegen in Kitas und Schulen, im Gesundheitswesen, im öffentlichen Nahverkehr, bei der Bahn, im sozialen Wohnungsbau, für den ökologischen Umbau, für Sozialleistungen.

Dafür brauchen wir zusätzliche Steuereinnahmen, statt das Geld zugunsten der Konzerne zu verballern. Steuersenkungen in Deutschland würden nur den Wettlauf nach unten befeuern und so weltweit den Menschen schaden.

Bereich Wirtschaftspolitik
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Mittwoch, 13. November 2019

Wirtschaftspolitik aktuell

Gute Arbeit statt Schikane!

Das Bundesverfassungsgericht hat extreme und existenzbedrohende Sanktionen für Empfängerinnen und Empfänger von Arbeitslosengeld II für verfassungswidrig erklärt. Das ist ein wichtiger erster Schritt. Aber: Bis zu 30 Prozent der Leistungen dürfen auch in Zukunft gestrichen werden – etwa, wenn Erwerbslose sich weigern, „zumutbare“ Arbeit anzunehmen. Am Hartz-IV-System ändert das Urteil damit wenig.

Auch weiterhin wird mit Sanktionsdrohungen Druck und Angst erzeugt. Auch weiterhin werden Erwerbslose gezwungen, jede angebotene Arbeit anzunehmen. Denn so gut wie jeder Job gilt als „zumutbar“ – auch Arbeit weit unter dem Qualifikationsniveau der Betroffenen und weit unter Tarif bezahlt.


Der Staat macht sich auf diese Weise zum Förderer von Niedriglöhnen, sozialer Unsicherheit und ausbeuterischen Arbeitsbedingungen. Er macht sich zum Komplizen der besonders unanständigen Arbeitgeber. Der gesetzliche Mindestlohn ändert daran nichts, auch wenn das oft behauptet wird.
ver.di sagt: Das soziokulturelle Existenzminimum, das Menschen zum Leben in unserer Gesellschaft brauchen, muss für alle gewährleistet werden. Dazu müssen die Regelsätze korrekt ermittelt und daher erhöht werden. Und es muss ein Recht geben, schlechte Arbeit abzulehnen. Übrigens auch für Unter-25-Jährige, die das Hartz-IV-System derzeit noch schärfer sanktioniert als Ältere. Wer ernsthaft an Guter Arbeit interessiert ist, der schafft Sanktionen ab

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Freitag, 25. Oktober 2019

Wirtschaftspolitik ver.di aktuell

Für (klima)gerechte Mobilität!

Die Bundesregierung will durch eine neue Abgabe den Ausstoß des Treibhausgases Kohlen­dioxid verringern. Benzin oder Diesel würden ab 2020 um 3 Cent pro Liter teurer, bis 2025 dann um etwa zehn Cent pro Liter. Zum Ausgleich soll die Pendlerpauschale ab dem 21. Entfernungskilometer um 5 Cent erhöht werden. Beschäftigte mit Niedrigeinkommen, die keine Lohnsteuer zahlen und deshalb nichts davon hätten, sollen eine Mobilitätsprämie beantragen können. Für Entfernungen ab 21 Kilometer bekämen sie 4,9 Cent pro Kilometer ausgezahlt.


Gerecht wäre diese Regelung nicht. Beschäftigte mit hohen Einkommen und höheren Steuersätzen bekämen wie bisher viel mehr erstattet als Geringverdienende. Die Gewerkschaften im DGB fordern daher, die Entfernungspauschale zu einem Mobilitätsgeld umzugestalten: Alle sollen unabhängig von Einkommen und Verkehrsmittel den gleichen Betrag von 13 Cent pro Entfernungskilometer bekommen. Das würde Gering- und Normalverdienenden deutlich mehr Geld bringen. Nur bei sehr hohen Einkommen gäbe es etwas weniger.

Für den Kampf gegen den Klimawandel ist aber anderes wichtiger. Die Menschen werden nur dann aufs Auto verzichten (können), wenn es gut erreichbare, verlässliche, komfortable und preisgünstige Alternativen gibt. Nicht weil der Sprit ein paar Cent teurer wird. Deshalb brauchen wir vor allem mehr Geld für Ausbau und Verbesserung des Öffentlichen Nahverkehrs!

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Dienstag, 20. August 2019

Wirtschaftspolitik aktuell

Falsche Propaganda zum "Soli"

Die CDU/CSU-SPD-Koalition will den Solidaritätszuschlag weitgehend abschaffen. Sie verkauft das als Entlastung der niedrigen und mittleren Einkommen. Lobbyverbände der Reichen und Unternehmen kritisieren, dass der „Soli“ nicht komplett abgeschafft wird, also auch für die ganz Reichen und die Unternehmen. Dann würden Singles mit einer Million Euro Einkommen im Jahr 24.000 Euro sparen. Wozu?

Der Soli ist in Wirklichkeit die gerechteste aller Steuern. Die einkommensärmere Hälfte der Bevölkerung zahlt ihn gar nicht. Zwei Drittel des Aufkommens werden durch die reichsten zehn Prozent bezahlt. Auch von der jetzt geplanten Änderung würden höhere Einkommen am stärksten profitieren. Singles würden noch mit bis zu 9000 Euro brutto im Monat bessergestellt. Ein Single mit 1550 Euro oder ein Paar mit zwei Kindern und 4500 Euro brutto im Monat würde dagegen überhaupt nicht entlastet. Ein Single mit 6000 Euro würde 77 Euro sparen, bei 3000 Euro wären es nur 23 Euro. Gleichzeitig würden dem Staat zehn Milliarden Euro jährlich fehlen, die für besseren Verkehr, Pflege, Bildung, Wohnungsförderung, Renten gebraucht werden.
 

Statt den Soli abzuschaffen fordert ver.di eine Steuerreform, die tatsächlich kleine und mittlere Einkommen entlastet. Dazu muss vor allem der Grundfreibetrag erhöht werden. Die Reichen dagegen sollen mehr zahlen, damit Geld genug da ist für notwendige öffentliche Leistungen. Sonst drohen bald neue Kürzungen.

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Donnerstag, 25. Juli 2019

Wirtschaftspolitik aktuell

Soziale Sicherheit ohne Hürden!

Armutsbekämpfung und Existenzsicherung sind wichtige Ziele des Sozialstaates.
Aber: Sehr viele Berechtigte beantragen die Sozialleistungen nicht, die ihnen zustehen. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) schätzt, dass etwa die Hälfte der Menschen mit Anspruch auf Hartz IV ihre Rechte nicht wahrnimmt. Bei der Grundsicherung im Alter sind es sogar bis zu 60 Prozent. Wobei die verdeckt armen Haushalte überwiegend eher geringe Ansprüche hätten.

Die Gründe dafür sind vielfältig. So wissen Berechtigte oft nicht, dass sie Anspruch auf Sozialleistungen haben. Viele Menschen werden zudem von komplizierten Antragsunterlagen abgeschreckt. Viele Anspruchsberechtigte schämen sich aber auch, staatliche Hilfen in Anspruch zu nehmen. Sie fürchten, als weniger leistungsfähig wahrgenommen zu werden. Oder sie fürchten, als jemand betrachtet zu werden, der oder die auf Kosten anderer lebt. Dafür gibt es leider auch politische Gründe: Denn die Scham verstärkt sich mit jeder politischen Hetze gegen die Empfängerinnen und Empfänger sozialstaatlicher Leistungen.

Soziale Sicherheit ohne Hürden!
Ein Sozialstaat muss zielgenau sein: Er muss genau die fördern, die ihn brauchen. Das bedeutet einerseits zu prüfen, wer Ansprüche hat und wer nicht. Es bedeutet andererseits aber auch, aktiv auf Bedürftige zuzugehen und Leistungen möglichst niedrigschwellig und ohne Stigmatisierung zugänglich zu machen. Auch dafür gibt es eine politische Verantwortung.
 


Bereich Wirtschaftspolitik
ver.di Bundesverwaltung Berlin
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Freitag, 26. April 2019

Grundrente - eine gute Idee

Wer lange im Niedriglohnbereich oder nur in Teilzeit gearbeitet hat, muss befürchten eine Rente zu erhalten, die nicht zum Leben reicht. Gleiches gilt für viele, die länger erwerbslos waren, die Erwerbstätigkeit etwa für Kindererziehung unterbrochen haben, oder als Selbstständige nicht rentenversichert waren. Die Senkung des Rentenniveaus durch die Riester-Reformen hat dieses Problem noch verschärft.
Sozialminister Heil will jetzt mit einer neuen Grundrente geringe Rentenansprüche aufwerten. Wer 35 Jahre lang Beiträge gezahlt oder Zeiten für Erziehung oder Pflege vorweisen kann, soll nicht mehr gezwungen sein, bedürftigkeitsgeprüfte Grundsicherung zu beantragen. Gerade für viele Frauen wäre dies eine echte Wertschätzung und Würdigung ihrer Lebensleistung. Zusätzlich soll es Verbesserungen beim Wohngeld geben. Wer dennoch Grundsicherung braucht, soll einen Teil der Rente nicht angerechnet bekommen.

ver.di begrüßt diese Pläne, fordert allerdings Verbesserungen. Der Freibetrag bei der Grundsicherung muss höher ausfallen, wie bei Betriebsrenten oder privaten Renten. Auch Zeiten der Arbeitslosigkeit müssen berücksichtigt werden und es muss ein Übergangsbereich für diejenigen geschaffen werden, die die 35 Jahre nicht ganz erreichen. Wichtig ist auch, dass die Grundrente nicht aus Beitragsmitteln der Versicherten bezahlt wird, sondern aus Steuermitteln – also von allen.
 
 
VER.DI BUNDESVORSTAND                                                                                         
 
 

 

Montag, 21. Januar 2019

Die Beschäftigten stärken!

Die internationale Arbeitsorganisation (ILO) feiert dieses Jahr ihren 100. Geburtstag. Diese UN-Sonderorganisation, an der Arbeitgeber und Gewerkschaften mitwirken, veröffentlicht jährlich einen Lohnreport. In ihrem jüngsten Bericht zeichnet die ILO ein trauriges Bild der Entwicklung der Arbeitseinkommen.

In den großen Industrieländern stiegen die preisbereinigten Löhne zwischen 1999 und 2017 um insgesamt nur neun Prozent. Dies entspricht einem jährlichen Plus von mickrigen 0,5 Prozent. Ursächlich dafür ist einerseits die schwache und krisenhafte Wirtschaftsentwicklung, andererseits die schlechte Durchsetzungsmacht der Beschäftigten und ihrer Gewerkschaften.

Bereits seit Anfang der 1980er Jahre ist der Anteil der Löhne am Volkseinkommen stark gesunken, der der Kapitaleinkommen gestiegen. Dies ist kein Ergebnis vermeintlicher Sachzwänge der Globalisierung oder Digitalisierung, sondern Ergebnis neoliberaler Politik.

Die Deregulierung der Arbeitsmärkte, Privatisierungen und der Umbau der sozialen Sicherungssysteme führten zu einem starken Zuwachs prekärer Jobs und von Niedriglöhnen. Die Tarifverträge wurden geschwächt. Wenn die Löhne wieder kräftiger steigen sollen, muss die Verhandlungsmacht der Beschäftigten politisch gestärkt werden. Der Neoliberalismus muss durch eine soziale Politik überwunden werden.
 
 
ver.di Bundesvorstand
Bereich Wirtschaftspolitik
10179 Berlin


Sonntag, 11. November 2018

Keine neuen Steuergeschenke!

Angela Merkel und Wirtschaftsminister Peter Altmaier wollen den heimischen Firmen 20 Milliarden Euro schenken. Damit reagieren sie auf eine Kampagne der Unternehmenslobby. Donald Trump, Emmanuel Macron und Theresa May versprachen ihren Unternehmen mehr
netto vom brutto. Damit starteten sie und andere konservativ-liberale Regierungen einen erneuten internationalen Steuersenkungswettlauf. Deshalb, so die deutschen Konzerne, müsse Berlin angeblich nachziehen – sonst investierten heimische Firmen im Ausland.

Das ist ökonomischer Unfug. VW, Daimler, Siemens & Co können vor Kraft kaum laufen. Und Deutschland hat enorme Exportüberschüsse. Von mangelnder Wettbewerbsfähigkeit also keine Spur. Hinzu kommt: Ob und wo ein Unternehmen investiert, hängt nicht vorrangig von der Steuerlast ab.
 
Betriebe erweitern und modernisieren ihre Produktion dann, wenn sie damit Geld verdienen,
also nur bei ausreichender Nachfrage. Seit der Jahrtausendwende wurde der Steuersatz auf Unternehmensgewinne von 52 auf 30 Prozent gesenkt. Die jährliche Entlastung belief sich auf über 20 Milliarden Euro. Der erhoffte Investitionsboom fiel aber aus. Steuergeschenke für Unternehmen führen zu milliardenschweren Einnahmeausfällen. So fehlt das Geld für Infrastruktur und Soziales. Dann können als Folge der Steuersenkung die Investitionen und Beschäftigung sogar geringer ausfallen.



VER.DI BUNDESVORSTAND | BEREICH WIRTSCHAFTSPOLITIK | WIRTSCHAFTSPOLITIK@VERDI.DE | WWW.WIPO.VERDI.DE
 
 

Sonntag, 7. Oktober 2018

Eine Umkehr ist dringend nötig


Die Tarifbindung stärken - die Löhne erhöhen

Seit langem kritisieren die Gewerkschaften die zu niedrigen Löhne in Deutsch­land. Lange Zeit standen sie damit weitgehend alleine. Schließlich war es politische Strategie, über den Ausbau von Niedriglöhnen die Wettbe­werbsfähigkeit zu steigern. 2005 hatte der damalige Kanzler Schröder sich sogar gebrüstet, dass er „einen der besten Niedriglohnsektoren aufgebaut habe, den es in Europa gibt“.
Leider gibt es den immer noch – nur würde heute wohl kaum jemand mehr damit prahlen. Zu offensichtlich ist, dass er heute gerade das Problem ist – für Deutschland wie für Europa. Letztes Jahr hatte sogar der Internationale Währungsfonds (IWF) von Deutschland neben mehr Investitionen vor allem höhere Löhne gefordert. In einer aktuellen Studie weist nun auch das renommierte Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) detailliert auf die negativen Auswirkungen der deutschen Lohnentwicklung hin – national wie europäisch.

In Folge der „Agenda 2010“ mit abgesenkten Lohnnebenkosten, liberalisierter Leiharbeit, Minijobs und vor allem „Hartz IV“ waren die Löhne und Arbeitsbedingungen in den 2000 er Jahren massiv unter Druck gesetzt worden. Aufgrund der so organisierten Billigkonkur­renz auf dem Arbeitsmarkt gelang es den Gewerkschaften seinerzeit kaum mehr, ausreichende Lohnerhöhungen durchzu­setzen. Vom wirtschaftlichen Wachstum profitierten in jener Zeit vor allem die Gewinne. Die Lohnquote, die die Verteilung zwischen Gewinnen und Arbeitseinkommen anzeigt, sank bis 2007 auf ein historisches Tief. Seitdem hat sie sich wieder erholt. Gewerkschaften konnten bessere Lohnabschlüsse durchsetzen, und die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns ab 2015 gab einen zusätzlichen Schub.

Deutlich steigende Löhne sind Voraussetzung für eine bessere Entwicklung in Deutschland wie insgesamt in Europa.
Dennoch liegt die Lohnquote immer noch deutlich unter dem langfristigen Niveau. Wäre dieses bereits wieder erreicht, hätten die Arbeitnehmer/innen allein 2017 durchschnittlich 2.000 Euro mehr im Geldbeutel gehabt. Allerdings haben sich die Tariflöhne immer noch deutlich besser entwickelt als die gesamten Bruttolöhne und so die Lohnentwicklung insge­samt stabilisiert. Das Problem ist jedoch, dass noch so gute Tarifabschlüsse nur noch rund die Hälfte der Beschäftigten erreichen. Die andere Hälfte ist nicht mehr tarifgebunden. Da zahlen die Arbeitgeber, was sie wollen – und das ist weit weniger als der Tariflohn. Eine Ursache für die stark rückläufige Tarifbindung ist der gesunkene Organisations­grad der Beschäftigten, woran das Vordringen prekärer Arbeit einen maßgeblichen Anteil hat. Hinzu kommen massive Erosionserschei­nungen auf der Arbeitgeberseite. Um Billiglohnstrategien fahren zu können, treten Arbeitgeber vermehrt aus ihren Verbänden aus oder wechseln in eine Mitglied­schaft ohne Tarif. Tarifverträge gelten dann nicht mehr für sie.

In der Konsequenz hat Deutschland permanent an Wettbewerbs­fähigkeit gewonnen. Zu der traditionell hohen Qualität deutscher Produkte kamen die niedrigen Lohnkosten hinzu, deren Entwicklung lange Zeit deutlich hinter der anderer europäischer Länder zurück­blieb. Die Kehrseite: Eine schwache Lohnentwicklung hat auch eine schwache Nachfrage zur Folge. Importe konnten mit dem boomen­den Export nicht mithalten. Immer höhere Exportüberschüsse führten zu zunehmendem Verdruss anderer Länder. Inzwischen bieten sie auch dem amerikanischen Präsidenten Trump Munition für seine „America first“-Manie. Denn die mit Schulden verbundenen Exportdefizite vieler unserer Handelspartner sind in der Tat Folge der extremen deutschen Exportausrichtung. Deutlich steigende Löhne sind damit Voraussetzung für eine bessere Entwicklung in Deut­schland wie insgesamt in Europa: Der Niedriglohnsektor würde kleiner, die Binnennachfrage gestärkt und steigende Importe würden zu mehr Mit- statt Gegeneinander in Europa führen.

Gute Tarifabschlüsse und eine Stärkung der Tarifbindung haben daher für ver.di oberste Priorität. Zur Unterstützung brauchen wir eine klare Abkehr von der „Agenda 2010“-Politik, damit gute und gut bezahlte Arbeit gestärkt wird. Kurzfristig würde dazu eine wirksame Erleichterung der Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen beitragen. Etwa indem gemeinsam von den Tarif­parteien eingebrachte Anträge im paritätisch besetzten Tarifaus­schuss nur mit Mehrheit abgelehnt werden könnten. So würde eine Blockadehaltung der Arbeitgeber verhindert. Ein Tarifvertrag wäre dann auch für alle nicht tarifgebundenen Arbeitgeber und Beschäftigten des tariflichen Geltungsbereichs verbindlich. Wir wären einen großen Schritt weiter!

Freitag, 21. September 2018

Mangel an Fachkräften?

Unternehmerverbände beklagen regelmäßig einen Fachkräftemangel. Auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) ist da gerne ganz vorne mit dabei: Fast jedes zweite Unternehmen habe aktuell offene Stellen, die nicht besetzt werden können. Insgesamt gehe es um 1,6 Millionen Jobs, für die sich niemand finde, behauptete der Verband.

Was von solcher Panikmache zu halten ist, hat jüngst die Hans-Böckler-Stiftung untersucht. Ihr Fazit: Das Gerede vom flächendeckenden Fachkräftemangel ist völlig überzogen. So meldet das wissenschaftliche Institut der Bundesagentur für Arbeit weniger als eine Million offene Stellen – obwohl es mehr Branchen berücksichtigt als der DIHK. Hinzu kommt: Über diesen „Fachkräftemangel“ klagen ausgerechnet Unternehmen aus Branchen mit überwiegend schlechten Löhnen und Arbeitsbedingungen, etwa aus der Leiharbeit, dem Sicherheitsgewerbe, dem Straßengüterverkehr und dem Gastgewerbe


Das Problem ist also hausgemacht. Das zeigt sich auch daran, dass sich vor allem jene Unternehmen über fehlende Fachkräfte beschweren, die zugleich steigende Arbeitskosten beklagen. Im Klartext: Die Unternehmen wollen für ihre Beschäftigten schlicht nicht mehr Geld ausgeben. Genau darin aber läge die Lösung. Wer gute Leute will, muss sie gut bezahlen.
Wer höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen bietet, findet auch die benötigten Arbeitskräfte.