Flexibilisierung ist zum
Zauberwort der Arbeitswelt geworden. Diese zugunsten von Beschäftigten
auszulegen, bleibt jedoch ein streitbarer Punkt. Ein Beispiel über einen
Elternzeit-Antrag zeigt den Handlungsbedarf.
Elternzeit ist sowohl für
Kinder als auch für Eltern gut. Doch geht diese Zeit mit Entgeltverlusten
einher, da das Arbeitsverhältnis offiziell ruht und Elterngeld die finanziellen
Einbußen nicht vollends ausgleichen kann. Aus diesem Grund begehrte ein Operator
bei seinem Arbeitgeber eine Teilzeitbeschäftigung während seiner Elternzeit –
somit wird aus diesem Rechtsverhältnis eine Elternzeit. Den entsprechenden
Antrag des Vaters von drei Kindern und alleinigem Einkommensverdiener in seiner
Familie lehnte der Arbeitgeber jedoch ab. Die Unternehmensleitung führte
erhöhte Fehlzeiten des Beschäftigten in der Vergangenheit und vor allem
dringende betriebliche Gründe an. Sie weigerten sich, die
Arbeitszeitverringerung von 35 auf 23,33 Wochenstunden zuzustimmen.
Dringende betriebliche Gründe
Matthias Meister vom DGB
Rechtsschutz Büro Regensburg vertrat den Mandanten vor dem Arbeitsgericht. „§
15 Abs. 7 Bundeserziehungsgeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) regelt die
Verringerung der Arbeitszeit. Demnach können dringende betriebliche Gründe dem
Anspruch entgegenstehen“, so der Rechtsschutzsekretär. In einem großen
Unternehmen mit über 3.000 Beschäftigten am Standort hielt die
Arbeitgeberbegründung dem Urteil der Richter/innen nicht stand. Es existierte
zu dem Zeitpunkt der Antragstellung zwar eine Betriebsvereinbarung zur
Reduzierung auf 17,5 Wochenstunden. Einem so großen Unternehmen müsse es aber
möglich sein, auch andere Lösungen für die Beschäftigten zu finden, so die
Richter/innen. Etwaige Koordinierungsprobleme reichten für die Dringlichkeit
der angeführten betrieblichen Gründe nicht aus.
Flexible Lösungen
Parallel zu dem Verfahren trat
eine neue Betriebsvereinbarung mit flexibleren Teilzeitmöglichkeiten in Kraft.
„Das war nicht relevant, da das Recht aus dem BEEG in diesem Fall über den
betrieblichen Bedenken des Arbeitgebers stand“, so Matthias Meister. In erster Instanz
gaben die Richter/innen dem Mandanten Recht.
Das Großunternehmen zog
dennoch vor die zweite Instanz – und übte somit finanziellen Druck aus. Der
Kläger hatte während des ersten Verfahrens, das sich über neuen Monate hinzog,
keine Einkünfte außer Hartz IV. Daher endete der Streitfall letztlich mit einem
kuriosen Vergleich. Der Operator arbeitet seit Januar dieses Jahres wieder in
Vollzeit. „Weitere finanzielle Belastungen hätte die fünfköpfige Familie nicht
mehr verkraften können“, so der Rechtsschutzsekretär. „Dem Kläger war letztlich
wichtiger, seine Familie ernähren zu können.“
VEREINBARKEIT VON
KINDERERZIEHUNG UND BERUF
Das
Bundeserziehungsgeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) soll Eltern Zeit für die
Kindererziehung ermöglichen und finanzielle Einbußen reduzieren. In Haushalten
mir nur einem Einkommen reichen die finanziellen Möglichkeiten durch das
Elterngeld dennoch oft nicht aus. § 15 Abs. 7 BEEG regelt daher ausdrücklich
den Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit. Diesen können nur dringende betriebliche
Gründe entgegenstehen, die vom Arbeitgeber schriftlich und klar verständlich
vorgebracht werden müssen. Erfüllt der Arbeitgeber seine Unterrichtungspflicht
für den Ablehnungsgrund nicht fristgerecht, gilt die Zustimmung als erteilt.
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